05.01.2008

Segeltörns und Enthymeme

Wie hübsch unser sagenhafter Alltag ist: da tickern kurz hintereinander mehrere Jugendliche aus und verprügeln, verletzen und berauben Menschen. Keine schöne Sache! - Hübsch dagegen ist, dass in den empörten Leserbriefen nicht nur härtere Strafen gefordert werden, sondern gleich wieder von den Segeltörns geredet wird, die diese Jungs dann sozusagen noch als Belohnung für ihr schlimmes Verhalten bekämen.
Tatsache ist, dass von den vielen jugendlichen Straftätern bisher die wenigsten Segeltörns bekommen haben. Tatsache ist auch, dass in Hamburg zum Beispiel die Segeltörns nicht einfach so gemacht wurden, sondern nach einem Jahr harter Arbeit: die Boote wurden von den Jugendlichen selbst gebaut. Und dann ist es nur gerecht, wenn die Jugendlichen mit ihrem eigenen Boot auch mal zwei Wochen "Urlaub" machen können. Segeltörns sind nicht unbedingt einfach, schon gar keine Zeit für Faulenzerei.
Aber dieser Mythos aus unserem sagenhaften Alltag hält sich hartnäckig als Argument, auch, dass diese Maßnahmen nicht nur nichts nützen, sondern die Jugendlichen auch noch belohnen. All dies um zu beweisen, dass das Gegenteil - harte Strafen und Wegsperren - bessere Mittel sind.
Rhetorisch gesehen sind die meisten Leserbriefe Ansammlungen aus Enthymemen. Enthymeme sind Beweise, bei denen das eine Argument keine empirische Feststellung ist, sondern ein moralisches oder unscharfes oder falsches Argument. Schlussfolgerungen basieren ja auf der Formel: A ist x und B ist a, also ist B x. Wird dieses empirisch ausgeführt, dann ergibt das zum Beispiel folgende Sätze: "Alle Menschen (A) sind sterblich (x). Sokrates (B) ist ein Mensch (a). Also ist Sokrates (B) sterblich (x)." Man nennt dies auch Syllogismus.
Ein Enthymem zeigt dies in etwa so: "X ist ein Straftäter. Straftäter dürfen Segeltörns machen. Segeltörns sind Belohnungen. Also werden Straftäter belohnt." - Satz 2 ist eine Behauptung, Satz 3 eine Unterstellung, beide Sätze sind Verallgemeinerungen.
Verkettungen mehrerer Verallgemeinerungen oder Schein-Argumenten zu einer oder mehreren Schlussfolgerungen nennt man soros; das ist griechisch und heißt Haufen. Sie waren schon bei den Griechen als Mittel der Überzeugung sehr beliebt.

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