29.11.2008

Plotten: Machination (und der Sinn von Krimilektüre)

Noch eine kurze Zwischenbemerkung (die wahrscheinlich wieder jeden meiner Leser wild machen wird: nicht, weil sie so sehnsüchtig die Abschlussbemerkung erwarten werden, sondern weil sie so undeutlich ist):
Bei der Arbeit an Artemis Fowl (Donna Leon als kleine Nebenlektüre) bin ich auf das Thema des Planens gestoßen (sagte ich ja bereits). Fowl, das kleine, geniale Verbrechergenie, plant ziemlich trickreich seine Coups, und dem muss man erstmal auf die Spur kommen, wie Colfer (der Autor von Artemis Fowl) dies schafft.
In der Literaturwissenschaft nennt man diesen Zusammenhang von Hinterlisten auch Machination.
Seit zwei Jahren beschäftige ich mich mit diesem Aspekt von Krimis, Abenteuergeschichten, Thrillern und anderen Geschichten. Zwar werden meine eigenen Geschichten immer schärfer und genauer, was den Einsatz von List und Strategie angeht, aber erklären kann ich es immer noch nicht gut. Ein Grund, warum ich noch so wenig darüber in diesem Blog schreibe.
Jedenfalls kam ich jetzt zu dem Thema Planung, einfach dadurch, dass das Planen ein Element in den Geschichten um Artemis Fowl ist. Und durchforste meinen Zettelkasten, insbesondere aber die Luhmannsche Systemtheorie.
Bei der Arbeit sind mir noch einmal wesentliche Probleme beim Plotten aufgefallen: Plotten ist ja der Entwurf einer Geschichte, und zwar bevor man die Geschichte schreibt (nicht, wie manche glauben, währenddessen, oder - ganz schlimm - hinterher: dabei kommen immer nur Rechtfertigungen heraus, nicht Pläne).
Jedenfalls ist das Plotten dem Verlauf eines Krimis oder einer trickreichen Geschichte sehr ähnlich. Man muss als Autor den Leser durch eine dramatische Szene packen, ihn dann - durch die Geschichte - auf eine Spurensuche schicken und schließlich alles in einer großen Auflösung (dénouement) enden lassen. Ob dies ein Krimi ist oder ein erotischer Roman, ist hier ziemlich gleich. Wichtig ist vor allem die Spurensuche, die hier Stück für Stück, also Szene für Szene das Puzzle darstellt und ineinander verbindet. Eben, wie das ein Hercule Poirot für einen Mord macht. Sogar die romantischen Thriller von Shirley Busbee (ich würde sie ja eher als pseudo-pornographisches Gewaber bezeichnen) funktionieren so, und, es wundert nicht, auch Stiller von Max Frisch.
Das geht? Nun, wichtig ist, was sozusagen anstelle des Mordes steht. Bei Stiller ist es die Identität und ihre ganze Fragwürdigkeit. Das ist dann "philosophisch" ausgeführt. Bei Shirley Busbee dagegen ist es das Glück der sexuellen Blendung (denn letzten Endes sind all diese Frauen so klassische Doofhühner mit einem starken Hang zur Hörigkeit, dass kaum etwas anderes herauskommen kann als ein vertrotteltes Ende (nur um den Unterschied zwischen Frisch und Busbee deutlich zu machen)).
Trotzdem: Spurensuche, mal mehr, mal weniger stringent durchgezogen, mal nach und nach erhellend (zum Beispiel bei Donna Leon), mal auf ärgerliche Weise überraschend (wie bei Sebastian Fitzek), mal grotesk sich zweimal um sich selbst drehend (wie bei Artemis Fowl oder auch Commissario Montalbano).
Deshalb scheint es mir mehr und mehr sinnvoll, dass Autoren sich viel mit (guten) Kriminalromanen beschäftigen: diese führen in der Geschichte und als Geschichte vor, wie man als Autor eine Geschichte spannend anlegt.

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