23.01.2009

Und der liebe Herr Schäuble

Herr Schäuble will auf keinen Fall ehemalige Gefangene aus Guantánamo aufnehmen. Nicht nur nicht in sein behindertengerechtes Haus, sondern generell nicht in Deutschland. Nach Schäuble sei vor allem die USA in der Pflicht. Und doziert weiter, er sehe nicht ein, warum Deutschland Gefangene aufnehmen solle, die den USA zu gefährlich seien.
Nun, lieber Herr Schäuble, wollen wir doch mal einen Versuch der Einsicht wagen. Vielleicht können Sie sich dann auf einen ähnlichen Standpunkt stellen, Verzeihung!, rollen.
Erstens handelt es sich ausschließlich um Gefangene, denen in ihren Heimatländern die Folter droht. Das ist das maßgebliche Auswahlkriterium für die Nicht-Rückkehr der Gefangenen. Von Gefährlichkeit dagegen ist mit keinem Wort die Rede gewesen. - Abgesehen davon wird Guantánamo gerade deswegen geschlossen, weil die Prozesse in einem rechtsfreien Raum stattgefunden haben oder noch stattfinden würden. Man muss die Rechtsstaatlichkeit dieser Verfahren generell anzweifeln, damit aber auch die Schuld und schließlich die Gefährlichkeit der Gefangenen. Rechtsstaatlichkeit heißt erstens, dass ein Mensch so lange unschuldig ist, bis ein Gericht ihn schuldig gesprochen hat, und zweitens, dass es ein Vertreter der rechtssprechenden Gewalt ist, und nicht, wie in Ihrem Falle, Herr Schäuble, einem, der gesetzgebende (als MdB) und ausführende (als Minister und Regierungsmitglied) Gewalt sowieso schon in sich vereint. Gerade vom Innenminister müsste man so viel Demokratieverständnis erwarten.
Zweitens: Warum nun ist es vielleicht Pflicht der USA, hier Gerechtigkeit walten zu lassen, trotzdem aber nicht so günstig, wenn die von Folter bedrohten Noch-Gefangenen in die USA exilieren? Nun, vielleicht psychische Überdrehtheit? Ich stelle mir doch nichts beruhigender vor, als in dem Land ins Exil zu gehen, das mich vielleicht sieben Jahre lang, zum Teil mit massiver Folterung, inhaftiert hat. Würde Ihnen doch sicher auch so gehen, oder?  
Es mag ja sein, dass mit Obama die Genfer Konventionen endlich wieder ihr richtiges Maß in der amerikanischen Politik finden. Aber das kann dem einzelnen Guantánamo-Häftling langsamer aufgehen, als wenn er in ein anderes Land kommt. Die Schweiz hat dies dann auch sehr deutlich gemacht: "Für die Schweiz ist die Inhaftierung von Personen in Guantanamo völkerrechtswidrig. Die Schweiz ist bereit zu prüfen, wie sie zur Lösung des Problems Guantanamo beitragen kann. Konkret ist sie bereit zu prüfen, ob und inwiefern sie Häftlinge aufnehmen kann, die aus Guantanamo entlassen werden" (siehe den Stern-Artikel).
Schließlich aber darf man darauf hoffen, dass die zukünftigen Exilanten der eher konservativ eingestellten amerikanischen Presse nicht in die Hände fallen und stattdessen eine kritischere Berichterstattung möglich sein wird. Auch deshalb - allein um der kritischen Information willen - halte ich ein Aufnehmen ehemaliger Gefangener für sinnvoll.

 

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