02.03.2009

Erinnerungsstätten

Erinnerungsstätten haben, wie alle Monumente, einen zwiespältigen Status. Als Artefakte sind sie Zeichen eines komplexen Prozesses und als solche auch immer in der Gefahr, sich quasi-dinglich, als Einheit und metaphysisches Objekt betrachten zu lassen. Auschwitz ist ein solcher Fall. In dem heute so erscheinenden Lager ist jede Realität des Leidens kompensiert und in der Erinnerung abgeschnitten, was dem Einzelnen dort widerfuhr. So sehr es Auschwitz gab, so sehr wird es als Monument Truggebilde, wenn man das Vergessen vergisst. Oder, wie Celan schreibt (und was ich nicht müde werde zu zitieren):
Den verkieselten Spruch in der Faust
vergisst du, dass du vergisst.

Nun gibt es ein Ärgernis ganz anderer Art, seit Jahren, dem an theatraler Deutungsmacht kaum etwas hinzuzufügen ist: die - wie die FAZ so nett tituliert - Causa Steinbach.
Erika Steinbach ist Vorsitzende des Deutschen Vertriebenenverbandes und hat sich seit Jahren für eine Gedenkstätte der Vertriebenen eingesetzt. Links, wie ich war, war mir dieser Gedanke zuwider; und doch war mein Widerstand pulverisiert, denke ich doch an jene Nachbarin meiner Großeltern, eine alte, einfache Frau, die aus Ostpommern mit zwölf Kindern loszog und mit dreien in Frankfurt ankam. In nur einem Jahr hat sie neun ihrer Kinder verloren, sprach mit offensichtlichem Schmerz darüber und konnte - politisch - doch kein böses Wort über Polen und Russen verlieren. Eines war für sie klar: Hitlers Regime hat das mehr ermöglicht als der Pole oder der Sovjet.
Der Kampf, der derzeit um dieses Monument für die Vertriebenen immer noch stattfindet, ist nicht nur ein Kampf um die Deutungshoheit, sondern auch in dieser Unmöglichkeit des Wiedererinnerns angelegt. Paul deMan schreibt irgendwo (meiner Ansicht nach in Hypogramm und Inschrift, aber ich finde diesen Artikel gerade nicht), jedes Monument ziehe auch Gaukler an, die es für sich besetzen. Wohl wahr!


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