10.10.2012

Das Gehirn als Geschlechtsorgan

Wäre das Ganze nicht irgendwie völlig albern, hätte ich euch diesen Kommentar erspart. Allerdings mag ich den Kommentar auch nicht direkt veröffentlichen, da der Autor ungeniert und zum zweiten Mal Werbung für ein Buch macht, in dem die gender-Theorie (im Titel steht allerdings gender-Ideologie) mit dem hübschen Wort Vergewaltigung zusammengebracht wird.
Was also schreibt uns der Autor? Folgendes:
Die Forderung nach Trennung zwischen Theorie und Praxis muss voll unterstützt werden, denn oft wird gedankenlos die erstaunliche Ergänzungsmöglichkeit der Geschlechter nicht beachtet.
Während der erste Halbsatz noch in Ordnung ist, schlussfolgert der zweite komplett an meiner Argumentation vorbei. Ich hatte mich in dem Artikel Bedürfnisse II: gender mainstreaming für eine stärkere Trennung zwischen der Theorie und der Praxis ausgesprochen. Wie von hier aus die „erstaunlichen Ergänzungsmöglichkeiten der Geschlechter“ (huch, mein Penis passt in deine Vagina) ins Spiel kommt, ist mir ein Rätsel. Rhetorisch besonders trickreich ist natürlich das Wörtchen „gedankenlos“, das suggeriert, dass man nur dann denkt, wenn man die Ergänzungsmöglichkeit akzeptiert. 
Der Kommentar fährt fort:
Das Gehirn ist das größte „Geschlechtsorgan“.
Dies, lieber Kommentator, unterschreibe ich bei Ihnen sofort. Allerdings möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Neurophysiologie neuerdings festgestellt hat, dass das Gehirn auch noch zu etwas anderem zu gebrauchen ist, zum Beispiel dem Denken (das buchstabiert man so: D-E-N-K-E-N). Vielleicht erweitern Sie bei Gelegenheit mal Ihre organischen Grundlagen in diese Richtung.
Es folgen noch einige Anmerkungen, die den Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen (den es tatsächlich gibt) überbewertet.

Dazu passt als Thema auch noch jenes „wie doof muss man sein?“, das Martenstein in der Zeit veröffentlichen durfte. Er schreibt dort wortwörtlich (!):
Die Gender-Theorie besagt, dass naturbedingte Verhaltensunterschiede zwischen Männern und Frauen oder Jungen und Mädchen in Wirklichkeit nicht existieren. Das wird alles von der Gesellschaft gemacht. Wenn Jungen und Mädchen gleich erzogen und gleich behandelt werden, kommt am Ende das Gleiche heraus.
Genau das passiert nämlich, wenn man die gender-Theorie nicht kennt, lieber Herr Martenstein: man redet nur noch Scheiße. (Entschuldigung für das etwas grobe Wort! Aber von einem angeblich intelligenten Menschen hätte ich mehr erwartet.)

Jener unbekannte Kommentator erweist sich, wie viele gender-Gegner, nicht nur als erstaunlich inkompetent, was die gender-Theorie angeht, sondern auch gegenüber von seiner Meinung abweichenden Argumentationsgängen als beratungsresistent.

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