26.11.2012

Analogie und Verbildlichung

Auch wenn dieses Buch nur bedingt populär geschriebenen ist, also vielleicht für den einen oder anderen Leser tatsächlich erstmal Probleme bereitet, möchte ich auf mein Buch Metaphorik. Strategien der Verbildlichung hinweisen. Besonders wichtig empfinde ich die Analogie, da diese sowohl eine Form der Logik darstellt, als auch den Übergang zu der Metapher. Aus einigen Anmerkungen, die Kant in seiner Anthropologie macht, kann man den Bezug zu einer flexibel genutzten Bildung herstellen, der durch die Analogie ermöglicht wird.
Und natürlich, aber nein: so natürlich erscheint das erstmal gar nicht. Die Analogie gehört wesentlich zu einem humorvollen Denken mit dazu. Nicht dem Ergebnis nach, aber auf dem Weg dorthin ist die Analogie eine wichtige Denktechnik, um Witze herzustellen.
Mir fällt allerdings auch auf, dass viele junge Schriftsteller die Verbildlichung wenig oder gar nicht nutzen, allerhöchstens in Form der Beschreibung. Nun will ich gar nichts gegen die Beschreibung sagen. Etwas gut beschreiben zu können ist eine hohe Kunst. Aber sie wird, wenn sie ganz ohne Redeschmuck daherkommt, recht bieder. Schließlich handelt es sich bei Romanen nicht um wissenschaftliche Darstellungen. Die Metapher, der Vergleich, die Analogie selbst, die Synekdoche und die Katachrese, all dies sind Figuren, mit denen man seine Texte lebendiger machen kann. Hier ist dann allerdings auch ein wenig Originalität und Kreativität gefragt.
Adlons Buch Ausradiert zum Beispiel hat im ersten Kapitel neun analogienahe Figuren auf ungefähr 1440 Wörter. Das ist für einen erzählenden Text schon extrem wenig. Keine dieser Figuren ist jedoch originell; es sind alles Floskeln, zum Beispiel „die Müdigkeit in seinen Knochen spüren“. Dadurch wirkt der ganze Schreibstil uninspiriert und belanglos.
Es ist natürlich immer ein Problem. In eher konventionellen Genres wie dem Thriller darf man auch nicht zu originell sein, weil sich sonst die sprachliche Ebene über die narrative Ebene stülpt und ein Thriller hat eben tatsächlich die Aufgabe, durch eine Geschichte zu unterhalten; die rhetorische Sprache muss geschickt zur Unterstützung eingesetzt werden, darf aber nicht die Aufmerksamkeit des Lesers an sich reißen. Es sei denn, der Leser will das (weil er zum Beispiel ein solches Buch literaturwissenschaftlich untersucht).
Jedenfalls ist es mir in den letzten Tagen wieder sehr aufgefallen: die Fähigkeit, sich Analogien auszudenken (bzw. sinnvolle und originelle Metapher), liegt bei vielen Schriftstellern brach. So urteilt die Berliner Literaturwissenschaftlerin Ina Hartwig über Shades of Grey: „Um auf E. L. James zurückzukommen: Sie ist literarisch gesehen völlig untalentiert, ihre metaphorische Begabung ist gleich Null.“ Ich nehme an, dass Hartwig mit metaphorischer Begabung etwas sehr Ähnliches meint wie ich mit der Fähigkeit, Analogien zu bilden.
Insofern rangieren viele der Thriller oder MommyPorn, die derzeit veröffentlicht werden, aber auch sogenannte "humorvolle" Literatur, zum Beispiel was man so als ChickLit bezeichnet, eher wie die Pornographie unter den Gebrauchstexten und haben weniger mit der literarischen Form des Romans, als mit einer Bedienungsanleitung zu tun.

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