25.04.2013

Dreimal gender, nein eigentlich zweimal: Michael Kauch, Horst Arnold

Dreimal gender, einmal zu Michael Kauch, schwuler FDP-Abgeordneter, der zusammen mit seinem Freund und einer lesbischen Freundin ein Kind hat. Zu Horst Arnold, der Vergewaltigung angeklagt und verurteilt; die Anklagende steht jetzt wegen Freiheitsberaubung vor Gericht, da die Falschaussage verjährt ist. Schließlich zu Judith Butler, die ich allerdings in einem gesonderten Artikel behandeln werde, da es nicht um feministisches Gedankengut geht, sondern um Unwägbarkeiten im Sprechakt. Da ich ja angekündigt habe, zu Judith Butler eine kleine Serie zu starten, werde ich diese, der Übersicht halber, auch immer gesondert veröffentlichen.

Michael Kauch - schwule Väter

Ich weiß nicht mehr, wer aus der CSU das gesagt hat, aber jener Mensch argumentierte gegen die Adoption von Kindern in eine schwule Familie (und ich sage Familie, nicht Lebensgemeinschaft!), es lägen keine Daten vor, ob das den Kindern gut tue. Nun, ob heterosexuelle Lebensgemeinschaften den Kindern gut tun, dazu liegen Daten vor: teilweise leider gar nicht.
Gerade berichtete mir ein guter Freund, dass er seine Montessori-Ausbildung bei einem schwulen Pädagogen beendet hat. Dieser Freund ist gegenüber der schwulen Bewegung recht indifferent. Weder schätzt er sie besonders, noch lehnt er sie ab. Den Pädagogen jedoch hält er für hervorragend. Es gibt noch mehr Beispiele, in denen homosexuelle Menschen sich für ihre erzieherischen und bildenden Aufgaben verdient machen. Warum also so pseudochristlich plärren, wenn es um die Vaterschaft geht?
Ich halte jedenfalls den Schritt, den Kauch zusammen mit seinem Lebensgefährten und seiner Bekannten gegangen sind, für einen mutigen und richtigen Schritt. Schon immer gab es etwas anderes als Familie, wie die christlichen Fundamentalisten sich das vorstellten, von den prähistorischen Gruppierungen bis hin zu den (teilweise adelig-bäuerlichen) Großgemeinschaften auf barocken Gutshöfen.
(siehe Bild.de: Homo-Ehe und Baby-Glück)

Horst Arnold

Die Klägerin wird die Angeklagte

Eine weitere gute Nachricht: der Fall Horst Arnold wird jetzt gegen die damalige Anklägerin aufgerollt.
Arnold, Lehrer, war 2001 von einer Kollegin der Vergewaltigung angeklagt worden. In einem äußerst schlampigen Urteil wurde er dann zu fünf Jahren Haft verurteilt, verlor all seine Bezüge und seinen Beamtenstatus. 2011 wurde dieses Urteil endlich vom Kasseler Amtsgericht kassiert und Arnold endgültig rehabilitiert.
Er konnte diese kleine Genugtuung nicht lange genießen: Knapp ein Jahr später verstarb er an einem Herzversagen.
Gegen die Kollegin wird jetzt ermittelt. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass sie häufiger völlig absurde Geschichten erfindet. Manche Menschen in der Umgebung bezeichnen sie als Märchentante. Nun sollte man natürlich auch mit solchen Urteilen extrem vorsichtig sein. Kritik an dem Gerichtsverfahren kann man aber schon alleine deshalb üben, weil hier Aussage gegen Aussage stand und ein weiterer Nachweis der Vergewaltigung von der Anklagenden nicht erbracht wurde. Sie habe, so die Zeitungsmeldungen, erst Tage später Anzeige erstattet (was noch verständlich wäre), alle Beweisstücke weggeschmissen (was ebenfalls verständlich wäre), und konnte dadurch keine weiteren Beweise für ihre Vergewaltigung liefern. Selbst wenn diese stattgefunden hätte, hätte das Gericht aber die Aussage der Belastungszeugin als falsch werten müssen und Arnold damit als unschuldig.
Das ist übrigens nicht dem „patriarchalen“ System geschuldet, sondern der juristischen Überzeugung in der Demokratie, dass der Staat, bzw. die Staatsanwälte die schwere Straftat beweisen müssen, nicht der Angeklagte seine Unschuld. Wer einige gegenteilige Beweise braucht, dass dieses andere Strafsystem zu schweren Fehlurteilen führt, beschäftige sich mit dem Rechtssystem des wilhelminischen Reiches (dort war es nämlich so) oder lese das äußerst spannende Buch von Jakob Wassermann: Der Fall Maurizius. (Es gibt den Roman kostenlos als E-Book auf amazon.)

Karriere?

Was mich so frappiert, sind zweierlei Sachen: erstens, dass hier jemand seine eigene Karriere über die Rechtsstaatlichkeit setzt. Die Kollegin, so wurde aus dem Bekanntenkreis berichtet, hatte nämlich Angst, dass Arnold ihr den Aufstieg in der Schulhierarchie verzögern könnte. Zudem wurde in den Nachrichten verbreitet, sie habe, um einen Schulwechsel zu erreichen, eine Pflegschaft erfunden.
Und ich möchte hier eine böse Sache gegen den Feminismus sagen: wenn dieser etwas falsch verbunden hat, dann den Zusammenhang zwischen Karriere und Selbstwertgefühl. Keine Frau muss Karriere machen. Es dürfen ihr bloß keine Hindernisse entgegenstehen, außer natürlich den rechtsstaatlichen und fachlichen, wenn sie Karriere machen will. Eine Karriere aber auf Teufel komm raus kann nie rechtsstaatlich sein, mindestens nie moralisch.

Feminismus und gender sind immer noch ein heterogenes Forschungsgebiet

Andererseits spreche ich mich jetzt nicht gegen einen Feminismus aus. Der Feminismus an sich ist (für mich) wünschenswert. Besonders dämlich fand ich folgende Aussage auf WikiMANNia:
"Der Fall Arnold zeigt, was real existierender Feminismus ist und immer war: niederträchtig. (...) Was dort zu besichtigen ist, ist nichts anderes als die Instrumentalisierung eines hoch sensiblen Komplexes menschlichen Zusammenlebens zum Zwecke der Installation eines Generalverdachtes, der Zersetzung rechtsstaatlicher Prinzipien, auch der Familie, der Befriedigung weiblicher Rachegelüste, sowie der Schaffung von Voraussetzungen für kleinliche Vorteilnahmen."
Das ist eine pure Behauptung, verquickt mit zahlreichen rhetorischen Figuren. Hier hat eine einzelne Frau, und wohl nicht aus feministischen Motiven, eine Straftat begangen, die gelinde gesagt gruselig ist. Hier hat ein einzelner Richter ein unglaubliches Fehlurteil hingelegt. Das ist aber nicht der Feminismus. Die fehlerhafte logische Figur ist hier die Generalisierung, also der Schluss von einem Einzelfall auf die Gesamtheit einer Idee.
Zudem ist die Anspielung „real existierender Feminismus“ nur zu deutlich (der Fachbegriff für die Anspielung ist Allusion). Es soll den Feminismus mit dem DDR-Regime gleichsetzen. Das ist schon erkenntnistheoretisch eine abzulehnende Verbindung. Der Feminismus existiert in zwei großen Ausprägungen: einmal als wissenschaftlicher und einmal als politischer. Der Zusammenhang zwischen beiden Ausprägungen, genauso wie die Ausprägungen selbst, müssen natürlich diskutiert und zwar kritisch diskutiert werden. Nur kann dies nicht auf der Basis von Generalisierungen oder Anspielungen geschehen.
Schließlich führt dieses Zitat eine Reihe von Begründungen an, die in ihrer Häufung eigentlich nur noch albern klingen. Das ist die Figur der Amplifikation. Sie wird oftmals am Ende einer Gerichtsrede genutzt, um den Richter von der weiter tragenden Bedeutung ins gesellschaftspolitische hinaus zu überzeugen.
Nun möchte ich gar nicht dagegen sprechen, dass manche Frauen (eben nicht die Mehrheit) tatsächlich diese Motive haben und tatsächlich davon geleitet werden (ich kenne sogar eine, der würde ich all diese Vorwürfe machen). Trotzdem würde ich diesem Menschen, den ich oben zitiert habe, immer widersprechen und ihm selbst die Befriedigung von Rachegelüsten vorwerfen. Das Attribut männlich verweigere ich ihm allerdings. Unlogisch und auf purer rhetorischer Basis zu argumentieren ist kein Zeichen von Männlichkeit, sondern doof, unkultiviert und antiaufklärerisch.

Zudem muss man einfach sehen, dass der Feminismus kein einheitliches Phänomen ist, sondern extrem heterogen verläuft. Es gibt also gar nicht den Feminismus, den man kritisieren kann. Das wäre so, als wollte man die Einwohner Berlins alle danach beurteilen, dass sie Türken (oder Rumänen oder Indonesier) sind.
Und was diese Heidi K. angeht: manchmal ist eine Frau einfach psychisch schwer gestört.

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