15.02.2014

Das schreit fast nach Zickenkrieg — Über wen stürzt Friedrich eigentlich? Edathy?

Man kann sich die Sachen so wunderbar kompliziert machen. Muss man ja manchmal auch.

Friedrich hat, so verlauten die Staatsrechtler, ein Dienstgeheimnis verletzt und, im Falle Edathy, eventuell sogar die Ermittlungen behindert oder erschwert. Selbst wenn Friedrich aus guten Gründen die Parteispitze der SPD informiert hat: er wollte Sie vor einem Schaden bewahren; also selbst wenn: hier hätte die SPD samt der Regierung auch andere Möglichkeiten gehabt. Und es ist völlig inkorrekt und zeugt eben auch von dem staatsbürgerlichen Verständnis, wenn Seehofer nun der SPD Vertrauensbruch vorwirft, nur weil diese sehr korrekt Informationen darüber herausgegeben hat, wann genau sie informiert worden ist. Ob man nun Friedrich daraus einen großen Strick drehen sollte? Einige Menschen würden es ja schon als Strafe bezeichnen, zusammen mit der CDU regieren zu müssen.

Hilfreich ist die momentane Situation jedenfalls nicht, weder im Fall Edathy, noch im Falle dieser monströsen Koalition.
Aber was hätte das schon gemacht? Zwei Monate nach Bildung der Großen Koalition wäre eben ein Staatssekretär wegen deutlichen Verdachtsmomenten mit möglicherweise nur minder schweren Vergehen wieder aus dem Amt geschieden. Man hätte der SPD zugute halten können, dass Edathy sich in NSU-Ausschuss als ein äußerst kritischer und fähiger Mensch präsentiert habe und man in der SPD insgesamt völlig überrascht sein. Man habe von dem Privatleben eben wenig gewusst und sich durch die beruflichen Qualitäten auch wenig Gedanken darüber gemacht. Wäre nicht gut gewesen, aber doch nachvollziehbar. Friedrich hätte sich hinstellen können und sagen können: ja, ich habe das gewusst, aber ich durfte nichts sagen. Und der Verdacht gegen Edathy ist ja auch erst im Oktober zu mir gelangt.
Irgendjemand hätte sowieso gemeckert. Aber rein rechtlich gesehen wäre dann die ganze Sache sauber verlaufen und nicht so, wie es jetzt geschehen ist. Zumal Friedrich wohl nicht die einzige Indiskretion in diesem Fall war, aber durch sein Amt und dadurch, dass er als erster „geoutet“ wurde, der prominenteste.

Mir tut es um den Politiker Friedrich nicht wirklich leid. Zusammen mit der CDU vertritt er doch Werte immer nur dann, wenn sie persönlich gut und nützlich sind. Und deshalb habe ich die CDU auch nie leiden können. Ich halte die Werte der FDP zwar für falsch, aber zumindest in diesem Sinne für ehrlicher.

Die Welt schreibt: „Friedrich entschied sich dafür, SPD-Chef Sigmar Gabriel von dem Fall zu unterrichten. Was politisch richtig gewesen sein mag, und menschlich anständig dazu — aber dem Minister jetzt zu Recht das Amt kostete. Weil es juristisch äußerst problematisch, womöglich sogar strafbar war.“
Man lese sich die Argumentation dieses Satzes noch einmal gründlich durch. Etwas ist strafbar, aber menschlich anständig. Das hieße ja, dass unser Gesetz nicht die menschlich Anständigen schützt, sondern wen?
Und wen meint hier überhaupt der Autor, wenn er ›menschlich‹ schreibt? Alle Menschen, die Deutschen, oder doch nur die Koalition-Partner? Wenn man diesem Wörtchen, diesem ›menschlich‹ begegnet, sollte man immer vorsichtig sein, auf was genau es sich bezieht und welche Folgen es für diejenigen hat, die davon berührt werden; noch mehr aber sollte man darauf achten, welche Folgen es für diejenigen hat, die davon nicht betroffen sind. In diesem Fall kann man, glaube ich, sagen, dass Friedrich tatsächlich seine Pflichten verletzt hat. Das ist irgendwie menschlich, ja, aber durchaus sehr ungünstig und in einem so schweren Fall wieder möglichen Strafvereitelung ist ein Rücktritt auch nur konsequent. Dem Menschen Friedrich mache ich dafür wenig Vorwürfe. Es ist im Sinne der Demokratie, wenn ein Politiker eine falsche Entscheidung trifft und dafür Verantwortung übernimmt. Gabriel hat sich, wenn man seinen Aussagen Glauben schenken darf, weitestgehend korrekt verhalten. Er hat in diesem Fall die wenigen Personen informiert, die nötig waren, um Edathy trotz seiner Popularität nicht mit einem hohen Posten zu betrauen und gleichzeitig dem Ermittlungsprozess nicht geschadet.
Was mir eben an dieser ganzen Geschichte jetzt nicht in den Kopf will, ist, warum Friedrich von seiner Partei gefeiert wird. Sein Rücktritt erfordert den gebührenden Respekt, den jemand verdient, der für einen Fehler Verantwortung übernimmt. Aber für eine Feier gibt es keinen Anlass. Denn zurzeit sieht es einfach so aus, dass hier trotzdem ein großer Verlierer da steht, und das sind die Bürger, die einer Rechtsstaatlichkeit vertrauen wollen.

Gabriel zumindest hat sich insofern trotzdem inkorrekt verhalten, als er das Anliegen von Friedrich damals hätte zurückweisen müssen und den Dingen seinen Lauf lassen sollen. Er hat sich zwar nicht juristisch falsch verhalten und vermutlich auch nicht die Folgen überdacht, die sein Handeln haben könnte, aber er hätte es wissen müssen. Und er hätte ahnen dürfen, dass dies jetzt in eine hochsensible Ermittlung eingreift, die zudem sehr moralisch und relativ hysterisch geführt wird. (Das finde ich, wie gesagt, bei Kinderpornographie sogar verständlich. Ich halte es für ein sehr schlimmes Verbrechen, rein emotional.)
Zumindest hat er nicht, was ja in den letzten 20 Jahren fast schon eine Lieblingssport unserer Politiker geworden ist, abgewiegelt, sondern ist zum frühestmöglichen Zeitpunkt an die Öffentlichkeit getreten.

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