22.02.2015

19:00 Uhr — Tagesfragen

Jetzt ist mein Sonntag vorbei. Nach einem mäßigen Frühstück habe ich den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen und lediglich eine Kanne Kaffee und einen halben Liter Joghurt zu mir genommen. Grund dafür habe ich genug: immer mehr meiner Schüler schreiben recht ausführlich zu den Tagesfragen einige sind mittlerweile über eine Schwelle hinweg, so dass ihre Texte sehr viel reifer sind, aber einfach zu korrigieren. Arbeitsreich ist nur dieses Zwischenstadium, wenn ein Text auf eine andere Form der darstellungshindrängt, diese aber noch nicht gut erreicht hat. Dann muss ich selbst genauer überlegen.
Diese Woche ist meine elfte Woche, in der die Schüler mir Tagesfragen schreiben. Die Entwicklung verläuft sehr unterschiedlich. Bei einigen Schülern sind die ersten Entwicklungssprünge abgeschlossen und man merkt bei ihnen, dass jetzt ein weiterer vorbereitet wird. Ein Schüler ist dabei, der jede Woche meine Anmerkungen so perfekt integriert hat, dass er in der nächsten Woche einen wesentlich reiferen Text abliefert. Dieser Junge ist in der fünften Klasse. Wenn er so weiter macht, werde ich gegen Ende des Jahres ernsthafte Schwierigkeiten haben, ihm noch etwas beizubringen.
Andere Kinder entwickeln sich in andere Richtungen. Ich bin immer wieder überrascht. Ein Mädchen, das wir bisher immer ganz hervorragende wissenschaftliche Texte abgeliefert hat, schrieb diesmal recht essayistisch und persönlich. Ein anderer Schüler hat fast so etwas wie eine Glosse geschrieben; dieser hatte vorher sehr schöne, meist auf die Technik bezogene Texte abgeliefert.

All das mag ich.
Zwischendurch musste ich dann auch mal zwei Stunden in den Discorsi von Machiavelli lesen. Auch das war den Tagesfragen geschuldet. Ich hatte letzte Woche als eine der „schwierigen“ Aufgaben einen Text zu dem Attentat auf die jüdische Nationalmannschaft während der Olympiade 1972 eingereicht. Dazu hatte ein Schüler geschrieben. Die Ansätze waren ganz hervorragend. Nun hat sich der junge Mann gewünscht, mehr zum Thema Diktatur und Demokratisierung zu erfahren. Das dürfte für mich tatsächlich eine schwierige Aufgabe werden. In der Erkenntnistheorie und der Literaturwissenschaft kenne ich mich mittlerweile so gut aus, dass mir eine didaktische Reduktion für Schüler der fünften Klasse noch gelingen könnte; was die politischen Theorien angeht, habe ich wesentlich mehr Zweifel. Aber das muss sich dann sowieso meinen Schülern immer wieder sagen: ich bin nicht in der Lage, jedes Thema gleich gut zu bedienen.
(Zum Beispiel fällt mir das Thema Fußball schwer; und noch rätselhafter sind mir Pferde und Kaninchen.)

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