30.10.2015

Was tun?

Es gab einige, zum Teil besorgte Nachfragen, was mir im Moment geschehen würde. Ich danke für die Besorgnis: Sie ist unbegründet. (Aber sie hat den Effekt, dass ich mich gesehen fühle, dass ich mich wohl fühle. Darum danke ich.)

Schule

Wer es noch nicht gehört hat: in einer recht kurzfristigen Aktion, allerdings durch mein Zögern lange vorbereitet, habe ich die Schule, an der ich bisher angestellt war, verlassen. Grund war, dass ich mich nicht in das Team (welches Team?) integrieren habe lassen. Ich wollte es auch nicht. Inklusion sieht für mich anders aus.
Hatte ich vor, danach ein Lieblings-Nebenthema meines Lebens stärker in den Mittelpunkt zu stellen? Ja, das hatte ich. Ich wollte mich intensiver mit der Programmierung beschäftigen, Java, JavaScript, PHP. Aber die Buschtrommeln waren schneller als ich in meiner Entscheidung. Ich bleibe also Lehrer, und gehe nahtlos an eine andere Schule.

Einbildungskraft

Ich hatte meiner Schulleitung versprochen, mich intensiver mit der Methodik und Didaktik des Deutschunterrichts auseinanderzusetzen. Nicht, dass ich in den Sommerferien viel Zeit dafür gehabt hätte: von den sechs Wochen sind zweieinhalb für die Vor- und Nachbereitung besetzt worden. Eine weitere Woche habe ich gebraucht, um die Orientierungsarbeiten der vierten Klasse auf Herz und Nieren zu prüfen. Und in der restlichen Zeit habe ich tatsächlich so etwas wie ein Privatleben genossen. Übrig geblieben ist ein zentraler Bezugspunkt, den ich in einer Elternfortbildung ausführlicher dargestellt habe: das Schreiben und die Einbildungskraft (dies ganz klar an Immanuel Kant orientiert).
In den letzten zwei Wochen habe ich dazu wichtige Umwege beschritten. Insbesondere der Aufsatz von Eliane Escoubas (Zur Archäologie des Bildes. Ästhetisches Urteil und Einbildungskraft bei Kant. in Bohn, Volker: Bildlichkeit. Frankfurt am Main 1990) hat mich beschäftigt. Aber das sind nur Vorarbeiten, Vorarbeiten zu einer intensiveren Beschäftigung mit einer didaktischen Theorie.

Karl Marx

Entgegen populärer Meinungen halte ich Karl Marx für einen wichtigen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Wichtig, so sage ich, nicht wahr oder wahrhaftig. Wer Karl Marx ablehnt, ihn sogar nicht lesen möchte, ignoriert die Geschichte. Er (der Karl Marx nicht lesen möchte) ist gerade nicht frei von Ideologie, sondern verblendet (aber Karl Marx zu lesen heißt natürlich nicht, dass man deshalb einsichtig wäre). Und das sage ich nicht nur aus voller Überzeugung, sondern auch mit dem Bewusstsein, dass Karl Marx nicht recht hatte. Tatsächlich habe ich schon vor über 20 Jahren feststellen müssen, dass ich mich von seiner Philosophie in einer Art und Weise distanzieren musste, die wesentlich radikaler ist, als ihm vorzuwerfen, er habe die UdSSR und den real existierenden Sozialismus verursacht (Vorwürfe, die ich für völlig hirnverbrannt halte).
Trotzdem habe ich jetzt noch einmal mein Projekt post- und neomarxistische Theorie in Angriff genommen. Dazu ist mir aber kaum Zeit geblieben. Ich habe ein wenig in verschiedenen Aufsätzen herumgestöbert, verschiedene Notizen gemacht, Fragen gestellt, vorläufige Antworten gegeben, und bin von Marx zu Kant, Wittgenstein und Spinoza gekommen. Habe bei den Neurophysiologen herumgestöbert. Mich bei den Ethnologen versichert. Also lauter Arbeiten der Konnotation und Assoziation.

Was ist Kritik?

Die Kernthemen der politischen Philosophie sind zwar andere, die Frage nach dem, was Macht und was ein Vertrag ist, stehen im Vordergrund. Oder, was ein aktives Leben in der Gemeinschaft bedeutet. Trotzdem ist die Frage nach dem, was Kritik ist, ein wichtiges Thema. Auch damit habe ich mich beschäftigt. Unter anderem auch deshalb, weil die Gemeinschaft in einer Schule, vor allem in einer reformpädagogischen Schule, keineswegs ein erkenntnistheoretisches Thema, sondern vor allem ein ethisches und politisches Thema ist. Die Erkenntnistheorie muss davon abgeleitet werden, nicht umgekehrt. Genau dies scheint mir aber das Problem der Kollegen zu sein, die die Bildung immer noch als eine Art Objektivität betrachten. Wenn Bildung objektiv wäre, stünde tatsächlich die Erkenntnistheorie im Vordergrund. Da ich aber Bildung mittlerweile als subjektiv ansehe, ist die allererste Frage die Frage nach dem guten Leben.

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