21.05.2016

so wenig Realität wie möglich, Merkel reduziert Pinkelbeutel, gegen 2000 Jahre Matriarchat

Das Lustige, aber eigentlich doch eher Unlustige an einigen Facebook-Kommentaren ist diese Eindeutigkeit, mit der 1.) ein Schuldiger gefunden wird (wahlweise die Gutmenschen, die etablierten Parteien oder Merkel), und mit der 2.) die Wahrheit doch gefunden wird: in der eigenen Meinung.
Da hat doch gerade ein Gericht entschieden, dass eine Krankenkasse einem Querschnittsgelähmten nicht einfach nur Pinkelbeutel für 2 1/2 Liter pro Tag bezahlen dürfe, sondern eben im ausreichenden Maße. Ist ja auch richtig so. Und dass eine Krankenkasse sich dazu erst die Empfehlung herausnimmt, der betreffende Mensch dürfe einfach nicht so viel trinken, eine ziemliche Frechheit.
Dass dies erst durch Merkel und erst in Merkel-Deutschland möglich sei, war dann der dummdreiste Kommentar eines facebook-Menschen. Was auch immer Merkel damit zu tun hat - ich hätte ja gesagt: Willkommen im Kapitalismus. Das gab es schon immer.
Die Katastrophe allerdings ist, dass damit jegliche Gegenmeinung, aber auch wirklich jede Gegenmeinung legitimiert wird, die mal Erdogan, mal Trump, mal die Etablierten, mal die Flüchtlinge ins Visier nimmt, so als gäbe es außerhalb unserer Alltagswelt eine Gegenwelt, in der sich sämtliche Asylanten, Gutmenschen, Politiker und Diktatoren zusammenklüngeln würden, um dem Restbestand der Wahrheitsliebenden das Leben zur Hölle zu machen.
Nein, weder schätze ich Merkel (es ist nicht die Aufgabe, Politik allzusehr zu personalisieren), und wenn ich an Erdogan denke, dann wird mir übel (unglaublich, was derzeit den Kurden angetan wird). Aber der Ethos gehört eben doch zu einem politischen Bewusstsein dazu, auch wenn der Pathos gelegentlich sinnvoll ist.
Mich erinnert die ganze Chause dieser "Wir dürfen doch jetzt auch mal etwas sagen"-Nationalisten an den Feminismus. Man weiß doch schließlich, dass Männer sich nur deshalb so abstrus benehmen und häufig zu Gewalt neigen, weil die deutsche Sprache seit 2000 Jahren matriarchal okkupiert ist. Männer haben gar keine andere Möglichkeit, als sich durch motorische Unruhe auszudrücken. Das ist das wirkliche Problem. Und wer hat's als einziger erkannt?
Ich.
Mal wieder.

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