16.09.2016

Minecraft

Ich hänge mit meinem Programm gnadenlos hinterher. In den Sommerferien, so hatte ich groß getönt, würde ich die Videos zum Programmieren für Minecraft veröffentlichen. Vorher wollte ich noch: Python, HTML, CSS, Javascript und Unity 5. Javascript, dabei bin ich gerade, aber weiter noch nicht. Jetzt hat es mich doch genervt, und zumindest habe ich jetzt schon mal angefangen, selber für Minecraft zu programmieren.
Das ist übrigens ganz einfach. Eigentlich braucht man nur Grundkenntnisse in Python. Das Schwierigste daran scheint mir derzeit die Installation zu sein (die aber auch nicht so kompliziert ist). Das schöne beim Programmieren für Minecraft ist allerdings, dass man eigentlich schon eine fertige Umgebung hat, für die man nur noch kleine und kleinste Plugins schreiben muss. Man kann mit weniger als 20 Zeilen bereits das Spiel so abändern, dass neue, zum Teil ganz andere Spielverläufe möglich werden.
Schicke Sache, kann ich da nur sagen. Ich werde daran jetzt noch ein wenig weiter herum programmieren, und dann mal gucken, ob ich dafür einen Video-Kurs entwerfe.

Wilder Westen, wilder Osten

Novela yang ditulis pada 1881 ini aslinya adalah cerita lepas yang menjadi bagian awal dari suatu rangkaian kisah perjalanan yang berjudul Giölgeda Padischanün (Bayangan Padishah). Sedang “Bayangan Padishah” itu sendiri adalah bagian awal dari seri enam buku yang dikenal sebagai “Seri Timur” dengan masa penulisan selama 6 tahun lamanya (1882-1888). Di Indonesia seri ini dikenal sebagai seri Kara Ben Nemsi yaitu nama julukan si narator/si penutur sebagaimana halnya dengan nama Old Shatterhand untuk seri Wild West.
Will sagen: ich stöbere gerade im Karl May herum.
Dort fand ich die Aussage »Alykomün elleri - nehmt die Hände zurück!«, was bei dem derzeitigen Stand unserer gesellschaftlichen Integriertheit ganz gut zu wissen wäre, insbesondere von Frauen. Bevor ich etwas dazu schreiben wollte, dachte ich mir, sollte man vielleicht noch einmal recherchieren, ob es denn nun wirklich so heißt. Und siehe da: ich fand nichts, außer natürlich Karl May.
Gefunden habe ich auch jene Beschreibung, die ich eingangs zitiert habe, und die keineswegs türkisch, sondern indonesisch ist.

14.09.2016

Die Wiederkehr der ersten modernen Europäer!

Nicht ohne Grund darf ich die Mitglieder der AfD als die Rückkehr des ersten modernen Europäers bezeichnen. Wer war der erste moderne Europäer? Das war Don Quichotte, der über dem Lesen von Ritterromanen verrückt geworden ist; und erst kurz vor seinem Tode und als Anzeichen seines nahenden Todes kam er wieder zur Vernunft.

Der Kampf gegen die Gender-Ideologie

Gender zieht immer, Gender ist ein Reizbegriff, und dementsprechend gibt es entsprechende Aufmerksamkeit im Parteiprogramm dafür. Unwissenschaftlich sei es, und: abgeschafft gehöre es. Ein Riese sei es also, ein ganzes Feld von Riesen, die ihre klobigen Arme schwingen, und gegen die Don Meuthen ergriffen anstürmt, auf seiner Petrynante höckend. Die johlenden Kinder dazu bringt dann die Klapper-Storch.
Aber sieht man sich die Parteiprogramme der anderen Parteien an: da ist nichts Riesenhaftes zu finden. Zwei Absätze im Programm der Grünen, nicht mal eine Seite, in einem fast hundert Seiten fassenden Programm, und die dann auch noch nicht mal zum Gender Mainstreaming. Freilich: die konservative Presse - nehmen wir mal die Welt - hat dazu viel geschrieben, viel und laut. Alexander Kissler hat es zum Beispiel nicht nur geschafft, aus einem Parteitag der Grünen eine Nahtlosdiskussion über den Gender-Gap zu machen, sondern war sich auch nicht schade genug, das Ganze mit der faustdicken Lüge zu garnieren, die Grünen hätten nichts über Migration, nichts über wachsenden Terror zu besprechen gehabt. Dass das, was er als Kern des Parteitages in den Mittelpunkt gestellt hat, eine kurze, und wohl auch relativ unwichtige Diskussion war, das haben dann die Welt-Leser nicht erfahren.

Die AfD ist entschieden unwissenschaftlich

Meine Klage war, zumindest in den letzten anderthalb Jahren, vermehrt, dass die Gender-Theorie vereinfache, sich nicht wissenschaftlich weiterentwickeln würde, dass sie zum Beispiel auch die Herausforderung der Biologie nicht annehmen würde. Stehe ich damit auf der Seite der AfD?
Keineswegs. Die AfD wirft der Gender-Theorie vor, sie sei unwissenschaftlich. Das ist aber eindeutig falsch, denn die Untersuchungen, die veröffentlicht werden, entsprechen schon wissenschaftlichen Standards. Was die AfD damit wohl eher sagen will, ist, dass die Gender-Theorie unwahr (=falsch) oder nicht intelligent sei.
Wahrheit ist aber nicht das vorrangige Ziel von Wissenschaft. Man muss Wissenschaft heute als ein operatives System begreifen, welches zwar mit Wahrheiten operiert, aber vor allem dazu gut ist, zwischen Wahrheit und Falschheit zu vermitteln, also kein dogmatisches, sondern ein operatives, funktionelles Verhältnis herzustellen. Wenn die AfD nun der Gender-Theorie vorwirft, sie sei falsch, verhält sie sich sogar in doppeltem Sinne unwissenschaftlich: erstens verleugnet sie die wissenschaftlichen Standards, nach denen die Gender-Theorie ihre Publikationen auswählt; zweitens verleugnet sie aber das operative Verhältnis der modernen Wissenschaft, ein Verhältnis übrigens, das weit älter ist als die Gender-Theorie. Letzteres ist auch wesentlich gefährlicher, führt es doch in seiner Konsequenz weit hinter Immanuel Kant, noch hinter Christian Wolff zurück. Und wäre es nicht überall augenfällig, dass der Nominalismus trotz allem die letzten tausend Jahre hartnäckig überlebt hat, so müsste man sagen, dass uns die AfD mit einem solchen Wissenschaftsverständnis tief ins Mittelalter zurückführt und damit auch in ein Zeitalter dogmatischer Glaubenssysteme.

Gender-Intelligenz

Wir haben nun die Beschwerde, die Gender-Theorie sei nicht wissenschaftlich und nicht wahr, zurückgewiesen. Ist die Gender-Theorie aber intelligent? Mein Problem mit dem Intelligenzbegriff ist hinlänglich bekannt (denen, die meinen Blog seit längerer Zeit lesen). Fassen wir Intelligenz hier in einem weniger wissenschaftlichen als alltäglichen Begriff, nämlich als die Fähigkeit, sich in vielfältiger Weise auseinanderzusetzen.
Und tatsächlich habe ich hier ein Problem. Erstens hat die Gender-Theorie die Herausforderungen der Biologie nicht angenommen. Man hätte doch zumindest die Frage nach dem Menschen als auch biologisches Wesen ernst nehmen können, sobald der Vorwurf laut wurde. Konterkariert wurde dies ja noch durch die mangelhafte Aufnahme der Neurophysiologie in den Massenmedien. Dort haben sich die Menschen manchmal geradezu begierig auf jeden biologischen Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Gehirn gestürzt, ohne auch nur einmal über die Reichweite einer solchen Erkenntnis nachzudenken.
Es ist, wie ich nun, nach mehreren Jahren der Auseinandersetzung, sagen kann, aber sogar recht einfach, den Gender-Begriff biologisch plausibel zu machen. Plausibel, denn wie ich oben schon geschrieben habe, kümmert sich die Wissenschaft nicht vorrangig um Wahrheit.
Unintelligent ist also, dass die Vertreter der Gender-Theorie sich um dieses Feld nicht genügend und/oder nicht öffentlich genug gekümmert haben. Es ist vor allem dann unintelligent, wenn man in der gesamten Gesellschaft von einer Rückkehr unwissenschaftlicher Glaubenssysteme sprechen muss. Wissenschaft konnte solange unpolitisch sein, solange sie in gewisser Weise durch das politische System geschützt war. Vielleicht hat sie das auch bequem gemacht. Vielleicht ist die Diskussion der Ergebnisse in und mit der Bevölkerung tatsächlich verpasst worden. Heute jedenfalls erscheint es mir dringlicher denn je, diese Diskussion auf breiter Basis wieder aufzunehmen und zu retten, was zu retten ist. Jedenfalls ist es ein schlimmes Zeichen, dass eine AfD mit völlig obskuren Behauptungen ihr Parteiprogramm füllt und dass es öffentliche, eigentlich schon altgediente Medien wie die Welt gibt, die sich mit einfach zu widerlegenden Falschmeldungen ihre Spalten füllen.
Das ist nämlich noch viel unintelligenter als die Gender-Theorie (in ihrer derzeitigen Ausprägung).

Bildung

Auch zur Bildung fällt mir bei der AfD wenig ein außer Kopfschütteln und Entsetzen. Vielleicht ist der AfD noch nicht aufgefallen, dass unser Bildungssystem sich recht selbstzufrieden in ihre anfänglichen Erfolge eingeigelt hat. Und die sind ja unbestritten. Lange Zeit war das duale Ausbildungssystem erfolgreich und damit zeitgemäß. Aber man wird einen Opa nun schlecht durch einen Uropa ersetzen können. Wenn drei mutige Schritte nach vorne gefordert sind, weicht die AfD zurück.
Dass Kompetenzen nur über Inhalte vermittelt werden können, ist nie bestritten worden. Wie? und Was? lassen sich theoretisch trennen, aber nicht in der Praxis. Die AfD tut so, als würde genau das passieren. Tatsächlich muss sich natürlich dieser Eindruck einschleichen: Kompetenzen sind nicht mehr spezifisch an einen bestimmten Inhalt gebunden. Sie sind im Ergebnis oft interdisziplinär und so werden sie auch häufig dargestellt. Erlernt werden sie aber über spezifischen Stoff; ein Blick in die Schulbücher genügt, um zu sehen, dass dies immer noch so ist.
Ein ganz anderes Problem ist die Diagnostizierbarkeit: ob eine Kompetenz bereits so gelernt worden ist, dass sie im Denken eines Kindes eine gewisse Eigenständigkeit entwickelt hat, kann nur über gewisse Transferleistungen festgestellt werden, also der Fähigkeit eines Kindes, eine Kompetenz auf ein neues Gebiet zu übertragen. Solche Transferleistungen sind aber gelegentlich "zarte Pflänzchen". Man müsste, als Lehrer, mehr Zeit mit einem einzelnen Kind verbringen können, als dies in einer Schulstunde mit 24 oder mehr Kindern möglich ist.
Unser Bildungssystem müsste mutiger modernisiert werden. Veränderung, wie die AfD sie will, ist aber nur Veränderung, noch nicht Modernisierung.

Don Quichotterien

Der erste große europäische Roman stellt einen Ritter von trauriger Gestalt in den Vordergrund. Darin wird ein verarmter Landedelmann über dem Lesen fiktiver Abenteuerberichte verrückt und beschließt die Welt vor den allseits drohenden Gefahren zu retten. Heute sind diese traurigen Ritter zu Tausenden unterwegs; sie gründen eine Partei, sie lesen die Pamphlete ehemaliger Katzenautoren und selbsternannter Terrorerklärern. Irgendwann schwingen sie sich auch auf ihre Rosinanten und werden die Riesen mit den klobigen Armen suchen. Begleiten müssen wir sie nicht dabei. Niemand in Deutschland nennt sich Sancho Pansa. Und Wissenschaft kann schließlich auch ein Abenteuer sein. Oder?

12.09.2016

Ich weiß ja nicht …

Es ist ganz entschieden zu warm in Berlin. Ich fühle mich ziemlich dösig, schon den ganzen Tag. Am Alexanderplatz ist ein Mann auf den Brunnen geklettert, angeblich ein Ägypter. Er habe sich eine zersplitterte Glasflasche an die Kehle gehalten und Sachen gerufen, die niemand verstanden hat. In Mecklenburg-Vorpommern hat ein offenbar verwirrter Mann seine Freundin im Juni umgebracht und in der Wohnung liegen lassen.
Was habe ich noch gemacht? Parteiprogramme gelesen. Alle sind schrecklich, alle sehr oberflächlich. Ausnahmsweise heute auch die Bild online gelesen. In jedem dritten Satz finde ich einen Rechtschreibfehler. Auch schrecklich, kann ich da nur sagen.
Heute Morgen habe ich ein wenig mit PyQt programmiert; mittlerweile habe ich mir durch dieses riesige Zusatzmodul einige ganz gute Wege bauen können. Aber das wird noch lange dauern, bis ich es auch nur halbwegs gut beherrsche. Außerdem habe ich an meinem Javascript-Kurs fleißig abgearbeitet. Den hatte ich noch, wenn auch nicht ganz vollständig, in den Osterferien geschrieben. Bisher konnte ich aber nur einige wenige Videos erstellen. Ich hatte einfach zu wenig Zeit.
Außerdem wurde ich gelobt. Meine Programmier-Videos seien verständlich, im Gegensatz zu anderen. Liegt vielleicht auch daran, dass ich sie zeitlich immer etwas ausdehne, mir vorher Erklärungen überlege und meist einen einzigen Aspekt in den Vordergrund stelle.
Was Java angeht, so ärgere ich mich gerade ein wenig, aber wirklich nur ein wenig. Anfang der Sommerferien habe ich mir doch die neue Ausgabe zu Java ist auch eine Insel gekauft, weil meine alte noch für Java 6 gilt. Heute erfahre ich, dass in einem halben Jahr nun eine weitere Version herauskommen wird, Java 9.

11.09.2016

Sahra Wagenknecht

Man muss sie einfach mögen: statt mit irgendwelchem pseudowissenschaftlichen Quatsch zu kommen, präzise Erklärungen. Warum das Rentenproblem eigentlich kein Rentenproblem ist, was Flüchtlinge zu Terroristen macht, all das hier: Sahra Wagenknecht in Oldenburg.

10.09.2016

Die Wahrheit einer Insel

Es ist faszinierend, dass das ganze Internet mittlerweile voll ist von der Suche nach Kriterien der Wahrheit, sozusagen nach der Wahrheit der Wahrheit. Gegen ein solch selbstreferentielles Verhalten hilft nur eine gesunde Oberflächlichkeit. Streichen wir das Wort gesund, denn das würde ja bedeuten, dass es irgendwie auch einen Gegenbegriff dazu gäbe, also eine Krankheit.

Julia Schramm

Spezialistin

Aus irgendeinem Grund bin ich dann auf Julia Schramm gestoßen. Nein, es war eigentlich ganz einfach: irgend ein Kommentierender hat auf Julia Schramm verwiesen. Julia Schramm war früher bei den Piraten, heute ist sie bei den Linken (so habe ich das zumindest gehört), und ist „Spezialistin“ für Hate-speech im Internet. Spezialistin habe ich in Anführungsstriche gesetzt, weil ich mit diesem Wort nicht sonderlich viel anfangen kann. Wenn jemand mehr Spezialist in einer Sache ist als ich selbst, kann ich es nicht nachprüfen, und falls es umgekehrt sein sollte, wird sich, zumindest in geistes- und sozialwissenschaftlichen Gebieten, trotzdem keine vollständige Überschneidung ergeben: der andere bleibt weiterhin als Gesprächspartner interessant. Aber das nur so am Rande.

Diskurstheorie

Was mich dann noch interessiert hat, das war, was Julia Schramm zum Poststrukturalismus geschrieben hat. Dazu hat sie einen Artikel geschrieben, in dem sie dann auf die Diskurstheorie verweist (Nazis und Poststrukturalismus). Das war das erste, was mich an diesem Artikel gestört hat, denn die Diskurstheorie ist keineswegs deckungsgleich mit dem Poststrukturalismus, so wie der Poststrukturalismus in sich selber aus sehr unterschiedlichen Protagonisten besteht, die sehr unterschiedliche Werke geschaffen haben. Auf wen sich Julia Schramm bezieht, ist nicht auszumachen.

Statik

Ein Problem, was den Poststrukturalismus eint, ist, dass alle Autoren Probleme mit einem statischen, geschichtsvergessenen Denken haben. Allerdings ist die Haltung der Poststrukturalisten hier deutlich schwieriger, als einfach nur an eine Rückkehr zur Geschichte und Geschichtsschreibung zu glauben. Vor allem ist die Haltung aber gegen eine bestimmte Art des Strukturalismus gewandt, die die von Claude Lévi-Strauss ausgearbeitete Methode als Theorie begriff. Lévi-Strauss selbst hat die strukturalistische Methode dazu benutzt, um umfangreiche Modelle zu erstellen. Er hat aber gleichzeitig deutlich gemacht, dass diese Modelle nicht die Wirklichkeit beschreiben, sondern Hilfsmittel sind, um die Wirklichkeit zu betrachten.
Was Julia Schramm in ihrem Artikel dann macht, ist der Versuch, eine Merkmalsliste aufzuschreiben, welche Elemente zu einem nationalsozialistischen Diskurs gehören. Das ist nicht falsch (weder von der Methode her noch inhaltlich), aber doch recht statisch gedacht. Es gibt Dynamiken, in die Menschen hineingeraten und durch die sie dann gar nicht anders können, als bestimmte Elemente, eben auch faschistische, zu wiederholen; und es braucht Zeit, um sich davon zu distanzieren. Ich will damit sagen, dass faschistisches Denken durchaus nicht so einfach zu erfassen ist, wie Julia Schramm das hier zum Besten gibt.

Natürlichkeit

Nehmen wir zum Beispiel die Natürlichkeit. Julia Schramm schreibt:
Dass es eine natürliche Ordnung gibt, die Menschen befolgen sollten (Hierarchien, etc.)
Nun ist das gar nicht so einfach mit dieser natürlichen Ordnung, selbst bei Nazis nicht. Denn offensichtlich herrscht bei diesen „naturalisierten“ Deutschen eine große Verwirrung darüber, was überhaupt Deutsch sein soll. Das ist ja meine ewige Klage: es ist nichts aus ihnen herauszubringen außer einer Art Tautologie, dass deutsch eben das sei, was deutsch ist. Solche Tautologien tauchen meist in erweiterter Form auf, nämlich als Umweg über den anderen, der eben nicht-deutsch sei (siehe auch: Gauck und Lewitscharoff und die Bio-Politik).
Es gibt wohl Strategien der Naturalisierung und der Denaturalisierung, des Verwahrheitlichens und Verlügnens, nur ist das, was sich dahinter immer wieder in Szene setzt, dass das Sprechen über etwas schon das Sprechen aus einer bestimmten Position heraus erforderlich macht. Und auch Julia Schramm spricht von einer Position aus, die sie wahrscheinlich nicht als natürlich bezeichnen würde, aber eben doch als vernünftig, oder, wie sie schreibt, „intellektuell“. (Das ist übrigens noch so ein Begriff, den ich nie begriffen habe.)
Dummerweise wird damit der Begriff der Natürlichkeit selbstreferentiell. Plötzlich wird es natürlich, die Natürlichkeit zu kritisieren. Und so dümmlich es auch ist, wenn ein Hagen Grell von seiner „natürlichen Männlichkeit faselt, so albern ist es, dies durch andere Natürlichkeiten – wie zum Beispiel dem „wissenschaftlichen Stand der Geisteswissenschaften“ – zu ersetzen.

Uns

Schließlich erlaubt sich Julia Schramm auch noch eine Art „Besitztum“: Sie spricht davon, dass derselbe Diskurs, der den Holocaust ermöglicht habe, auch uns geprägt hätte. Genau das aber ist eine komplette Geschichtsvergessenheit, und implizit führt Julia Schramm hier sogar einen nationalistischen Gedanken wieder ein, den sie doch so gerne aus der Welt schaffen würde.
Erstens ist der Diskurs nie derselbe. Nach fünfzig Jahren sollte man zumindest ahnen, dass sich der Diskurs geändert hat. Wie sehr und in welchen Elementen, das wäre zu überprüfen. Was aber auch keineswegs heißt, dass der Diskurs heute weniger gefährlich, mit weniger „Vernichtungspotential“ versehen sei.
Zweitens dreht Julia Schramm zwar das Besitztum um: Nicht wir besitzen den Diskurs, sondern wir sind vom Diskurs besessen. Aber damit konstituiert sie, so lose auch immer, eine Menschengruppe, die dies im besonderen Maße betrifft. Ich bin nun sehr dafür, für den Holocaust weiterhin Verantwortung zu übernehmen, Verantwortung in dem Maße, dass er sich nicht wiederholen soll, nicht an den Juden, aber auch nicht an irgend einem anderen Volk oder einer anderen Religionsgemeinschaft. Aber diese Verantwortung kann ich nur für mich übernehmen; ich kann hier, auch wenn ich an der Komplexität der Verhältnisse ständig scheitere, nur so vorbildlich sein, wie es möglich ist und wie ich mir ein Vorbild vorstelle, also vermutlich auch dadurch begrenzt.
Ein „uns“ oder ein wie neues oder altes „Wir-Gefühl“ auch immer gibt es dabei nicht, jedenfalls nicht bei mir.

Die Suche nach der Wahrheit

Jedenfalls hat sich, nicht durch Julia Schramm, aber durchaus mit ihr, ein sehr unangenehmes Thema in den Medien breit gemacht, insbesondere aber im Internet, ebenjener Kampf um die Wahrheit und die Wahrheit der Wahrheit. Um weniger soll es also nicht gehen, und das wird dann in einem teils arroganten, teils ignoranten Tonfall vorgetragen, der mit Sicherheit nicht zur Wahrheit führen wird (falls es eine solche überhaupt gibt), aber zu einem Einverständnis, zu einer Glättung gesellschaftlicher Spannungen sicherlich auch nicht.
Meine Lieblingsstelle aus dem ganzen Artikel ist jedoch folgender Satz:
Ja, ich weiß Diskurstheorie ist anstrengend, aber ich empfinde es zum Teil als tief anti-intellektuell, wenn eine Partei sich dem wissenschaftlichen Stand der Geisteswissenschaften verweigert.
Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, was nun der wissenschaftliche Stand der Geisteswissenschaften sein soll (da gibt es doch noch anderes, nicht nur den Poststrukturalismus in seiner Uneinheitlichkeit, da wäre der New Criticism zu nennen, ebenfalls keine Einheit, oder eventuell solche Sonderlinge wie Slavoj Žižek); welche Partei hätte denn überhaupt die Zeit, sich auf den wissenschaftlichen Stand zu bringen und wenn, warum müssen es jetzt unbedingt die Piraten sein; was Anti-Intellektualismus angeht, da fallen mir doch noch ganz andere Parteien ein.
Abgesehen davon, dass Julia Schramm implizit, eben aus ihrer Position heraus, behauptet, sie würde diesen wissenschaftlichen Stand kennen (und besitzen).

09.09.2016

Regressionsanalyse II

Eine ganz andere Art der Regressionsanalyse wurde mir heute an der Uni aufgedrängt. Da stand vor einem Regal in der Bibliothek eine jüngere Frau (also jünger als ich) mit einem aufgeschlagenen Buch. Darin kritzelte sie eifrig herum.
Was sie dort mache?, fragte ich.
Sie würde Stellen für ihre Diplomarbeit markieren.
Ob sie sich nicht das Buch ausleihen könne, um sich die Stellen herauszuschreiben?
Hier folgt ein kleines Geplänkel, was mich das denn angehen würde. Das endete dann damit, dass diese junge Frau sich für besonders wichtig hielt, und sie nicht mit Bleistift, sondern mit Kuli markieren würde, damit es niemand wegradieren könne.
Ich wünsche dieser Frau auf jeden Fall kein Glück, denn meine Erfahrung ist, dass diese Buchkritzler nur hübsche Stellen heraussuchen, diese meist aber nur sehr oberflächlich verstehen, also unwissenschaftlich.

Regressionsanalyse I

Gestern abend war ich auf einem Vortrag, den ich nur mäßig interessant fand: es ging um die Regressionsanalyse, d.h. um die (statistische) Errechnung von Kurvenverläufen und den darauf folgenden Vorhersagen.
Neben der Rauschreduktion ist dabei vor allem auch die Fragestellung wichtig, für was eine solche Analyse benötigt wird. Um ein Beispiel zu geben: trotz der Klimaerwärmung schwankt das Wetter zum Teil sehr stark. Um die Klimaerwärmung zeigen zu können, müssen die Wetterschwankungen als Rauschen herausgerechnet werden. Trotzdem gab es in den letzten zehn Jahren eine Stagnation (zum Glück!), die von den neuesten Daten allerdings aufgehoben wird. Trotzdem macht es Sinn, die Wetterdaten nicht nur langfristig zu betrachten, sondern auch in kleineren Abschnitten, um Thesen aufstellen zu können, warum die Klimaerwärmung der letzten zehn Jahre schwächer war.
Auf die Frage hin, nach welchen Regeln man eine günstige Berechnung durchführen kann (denn es gibt sehr viele Arten, Daten zusammenzufassen), wusste der Vortragende keine wirkliche Antwort. Bzw. war sie unbefriedigend. Ich denke, man muss hier in zwei Schritten vorgehen. Zuerst gebraucht man all die Regressionsanalysen, deren Ergebnis eine Aussage zulässt. Dann vergleicht man die Aussagen entlang ihrer semantischen Homogenität. Das heißt, man führt ein zweites statistisches Kriterium für die Ergebnisse ein, welches die Häufigkeit ähnlicher Aussagen als "Qualitätskriterium" verwendet.

06.09.2016

Dieser Streit um Worte

Žižek bleibt für mich weiterhin faszinierend. Nebenher lese ich wieder viel Lacan, d. h. vor allem Sekundärliteratur zu Lacan. Dummerweise nämlich gehören die Lacan-Bücher in der Unibibliothek zum Präsenzbestand, zumindest in ihrer deutschen Übersetzung. Und an die französische Fassung mag ich mich nicht wagen; ich besitze zwar vier Bücher von Lacan auf Französisch (die alte, zweibändige Ausgabe der Écrits, in der noch einige wichtige Schriften fehlen; zudem das erste und das vierte Seminar), doch hat mir eine kleine Passage aus Position de l'inconscient deutlich vor Augen geführt, dass ich nur mit sehr viel Mühe zugleich das Französisch von Lacan und seine Form der Psychoanalyse lesen kann.

Derrida und Žižek

Doch darum soll es hier gar nicht gehen. In seinem Buch Denn sie wissen nicht, was sie tun kritisiert Žižek die Hegel-Lektüre Derridas. Bekanntlich bildet ein Kernstück der hegelschen Philosophie der dialektische Gang These-Antithese-Synthese, wobei die Antithese die These negiert, die Synthese die These samt ihrer Negation in einen umfassenderen Begriff „aufhebt“. Am Ende stünde dann das absolute Wissen, in dem jeder Widerspruch aufgehoben ist, und der Weltgeist, für den (salopp gesagt) Geist und Welt identisch sind.
Eine solche vollkommene Identität, schon den Weg dorthin, muss natürlich ein „Theoretiker der Differenz“, unter anderem also auch Derrida, kritisieren. Die Identität ist nur aufgrund der Differenz möglich, und weil die Differenz der Identität vorausgeht, ist die Identität nichts Feststehendes, sondern gleitet entlang des Risses, der diese Identität durchzieht.

Žižek dagegen präsentiert eine ganz andere Lektüre von Hegel. Žižek liest die Negation gerade nicht als eine Verneinung, sondern als eine Art Extremposition der These selbst. Žižek begründet das damit, dass sowohl die These als auch die Negation zum Symbolischen gehören. Und wie Žižeks eigentlicher Lehrmeister, Jacques Lacan, geht er von dem sprachlichen System aus, dass der französische Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure beschrieben hat: die Sprache (langage) ist ein System aus Differenzen, welches durch die Rede (parole) aktualisiert wird, aber eben nie vollständig, sondern immer nur punktuell: man kann die gesamte Sprache nicht auf einmal sprechen.

Nun ist die Weiterführung in die Synthese bei Žižek reichlich kompliziert. Das möchte ich hier nicht darstellen.
Was ich witzig finde, ist, dass Žižek nun zu der Schlussfolgerung kommt, dass Derrida zwar Hegel falsch liest, aber doch eigentlich Hegelianer ist, weil er genauso wenig von der absoluten Differenz ausgeht, wie Hegel selbst. Und hier schleicht sich dummerweise in diese Argumentation ein Fehler ein: denn Derrida liest Hegel schon genau richtig, bzw. er liest Hegel in dem Sinne richtig, als er ihn im Lichte der wichtigen Hegelinterpretationen liest. Und nicht gegen Hegel, zumindest nicht direkt, verwahrt sich Derrida, sondern zunächst gegen die Hegelinterpretation. Nichts anderes aber macht Žižek. Und stellt dann rundheraus fest, dass Derrida nicht nur ein Hegelianer ist (was ziemlich unbedeutend wäre, denn Derrida hat die hegelianische Dialektik nie vollständig, nie absolut kritisiert), sondern vor allem ein Žižekianer, der dann doch genauso philosophiert, wie Žižek das gerne haben möchte. Wo Žižek war, wird Derrida schließlich ankommen.

Selbstimmunisierung

Ich schicke zur Vorsicht noch einmal voraus, dass ich Žižek eigentlich noch gar nicht verstanden habe. Was ich an seinem Werk so faszinierend finde, ist, dass er dadurch, dass er sowohl das ausgeschlossene Dritte als auch den Widerspruch selbst, die statische wie die dynamische Betrachtung in ein System zu integrieren weiß, sondern ihm auch jeden Widerspruch gegen ihn selbst oder stellvertretend gegen seine Lehrmeister Lacan und Hegel (und in gewissem Sinne auch Marx) zu parieren gelingt.
Etwas bösartig müsste man also sagen, dass Žižek es geschafft hat, eine völlig paranoides und narzisstisches System auf einem höchst intellektuellen Niveau zu platzieren. Das ist ein hübscher Gedanke. Allerdings sollte dieser Gedanke die Leser nicht abschrecken: schließlich ist ein Autor nie Herr über seine Werke. Und insofern ist Žižek, weil und obwohl er Žižek ist, ziemlich lesenswert.

05.09.2016

Lesekompetenz II

Ob es denn besonders wichtige Methoden gäbe, die man für eine Lesekompetenz trainieren müsse, so fragte mich jemand und verwies auf meinen Artikel über die Lesekompetenz.

Objektive und subjektive Leseerfahrung

Ja und nein, kann man dazu sagen. In der westlichen Schulbildung (und von anderen habe ich keine Ahnung) gibt es einen ausgesprochenen Hang, Texte metasprachlich zu lesen, d. h. den Text zum Objekt zu machen. Selbst Textsorten, von denen man meinen sollte, dass sie vor allem subjektive Leseerfahrungen wiedergeben, wie zum Beispiel Rezensionen, werden in ein objektivierendes Vokabular eingepackt. Die zentrale Aussage des objektiven Lesens ist diese: »Ich lese den Text.«
»Ich lese mich (selbst) durch den Text hindurch.« – Eine solche Aussage bezieht sich auf die Selbsterfahrung und darauf, dass sich ein Lesevorgang nie wirklich zu Ende bringen lässt und immer etwas Offenes bleibt. Dies ist das subjektive Lesen, welches sich nur insofern auf die Metasprache stützt, um auch daraus eine Konnotation zu machen. Die Konnotation kann als ein Einfall verstanden werden, der zugleich über den Text und den Leser etwas aussagt.

Lesetechniken

Aber das war ja nicht die Frage. Nun, es gibt tatsächlich einige Techniken, die ich für recht wichtig erachte.

Fragen an das Thema

Eine erste Technik, um dem eigenen Lesen mehr Halt zu geben, besteht darin, Fragen an das Thema aufzuschreiben. Und ich spreche hier tatsächlich vom Aufschreiben, nicht nur vom Formulieren. Der Unterschied zwischen dem einen und dem anderen ist zweierlei: durch das Aufschreiben wird die Frage besser verinnerlicht und leitet so das Lesen besser; wenn man Fragen nur in Gedanken formuliert, ist man gerne schlampig: durch das Aufschreiben präzisiert man häufig, was man lernen möchte. Drittens kann man aber, und das ist auch noch ein sehr wichtiger Aspekt, später auf diese Fragen zurückgreifen. Denn beim gedanklichen Durchdringen eines Textes ist es wichtig, das Gelesene partiell zusammenzufassen. Und das kann man mithilfe von Fragen sehr gut. Diese Fragen muss man nicht unbedingt vorher formulieren. Allerdings ist es ein ganz angenehmer Effekt, wenn man vorher eine Frage hat, diese hinterher dann beantwortet. Dadurch ergibt sich so etwas wie ein Effekt der Kontinuität.

Punktuelles Lesen, Begriffe und Alltagsdefinitionen

Nun ist das nicht unbedingt meine Technik, auch wenn ich weiß, dass einige Menschen damit gut zurecht kommen. Mir geht es immer so, dass ich, sobald ich anfange, Fragen aufzuschreiben, so viele Fragen habe, dass ich gar nicht mehr zum Lesen des konkreten Textes kommen würde.
Also beginne ich anders. Zunächst blättere ich das Buch durch, lasse dabei meine Aufmerksamkeit auf der einen oder anderen Stelle ruhen und schreibe mir Begriffe heraus, die mir auffallen. Wenn ich genügend Begriffe gesammelt habe, definiere ich diese Begriffe. Manchmal benutze ich dazu Alltagsdefinitionen, also das, was mir im Moment dazu einfällt, egal wie gewöhnlich das auch sein mag. Oft nutze ich aber meinen Zettelkasten dazu, der mir zu vielen Themen bereits Substanzielles bieten kann: eine gewisse Kontinuität in meinen Themen ist dabei natürlich von Vorteil.

Teilüberschriften finden

Diese Technik wird in der zweiten Klasse eingeführt (zumindest in allen Lehrbüchern des Cornelsen-Verlags). Ich benutze diese Technik ständig. Da der Zettelkasten (von Daniel Lüdecke) für jeden Zettel eine Überschrift anbietet, und da es ganz nützlich ist, seine Zettel mit solchen Überschriften zu versehen, fülle ich dieses Feld natürlich immer aus. Wenn ich mich mit einem Buch beschäftige, was ich meist mithilfe meines Spracherkennungsprogrammes mache, lese ich einen Abschnitt, fasse diesen in einer Überschrift zusammen, und meist folgt dann ein Zitat oder ein Kommentar zu der Stelle, mitsamt eines Verweises in das Buch hinein, also der Seitenzahl.
Irgendwann später schaue ich mir dann die Überschriften noch einmal an und erstelle so etwas wie eine Lesesynopse.
Aber eigentlich ist die Teilüberschrift etwas viel einfacheres: zu jedem Absatz, bzw. zu jedem Sinnabschnitt wird eine Überschrift formuliert. Manchmal umfasst eine Teilüberschrift mehrere Absätze, wie dies bei populärwissenschaftlichen Büchern häufig der Fall ist: hier dehnen zahlreiche Beispiele die Kernaussage häufig aus; oder ein Absatz muss in mehrere Abschnitte zergliedert werden, weil darin eine argumentative Bewegung sichtbar wird, die sich nur schlecht in eine einzelne Überschrift zusammenfassen lässt. Kant zum Beispiel.

Skizzieren

Ganz sinnvoll ist auch die Verwendung eines ganz anderen Mediums, gerade, wenn man einen besonders schwierigen oder unübersichtlichen Text erfassen möchte. Bei diesen Skizzen verwende ich ganz unterschiedliche Formate, gelegentlich sind es Mindmaps, manchmal sind es Modelle der Beeinflussung (das sind dann meist Begriffe, die durch Pfeile miteinander verbunden sind; an den Pfeilen steht meist ein entsprechendes Verb, um den Einfluss zu präzisieren), usw. – ich habe hier keine feste Methode.

Unterrichtseinheiten entwerfen

Eine etwas ungewöhnliche, aber bei mir dann doch naheliegende Methode, ist die, zu einem Text eine Unterrichtseinheit zu entwerfen, also eine Abfolge von einigen wenigen Unterrichtsstunden. Ich frage mich dann, wie ich das, was ich gerade gelesen habe, am besten anderen Menschen beibringen könnte. Dazu sammelt man Lernziele (ein Grobziel, Stundenziele, Feinziele, eventuell auch ein Richtziel, obwohl dieses über die Unterrichtseinheit oftmals weit hinausgeht), ordnet diese, entwickelt dazu Handlungsmöglichkeiten, die die Schüler am Ende jeder Stunde können sollen, usw.
Tatsächlich nützt mir eine solche Behandlung eines Themas oftmals besonders viel, da ich dadurch eine ganz andere Klarheit in meine Gedanken bringen kann.

Schluss

Das sind einige der Möglichkeiten, wie man seine Lesekompetenz trainieren kann. Tatsächlich hängt über meinem Schreibtisch eine Mindmap, in deren Mitte die „Lesetechnik“ PQ4R (preview, question, read, reflect, recite, review) steht. Darum herum versammeln sich die sechs Begriffe, die sich unter dieser Abkürzung verbergen. Allerdings habe ich diese dann noch weiter aufgeteilt, sodass sich in dieser Mindmaps ein zweiter Ring befindet, der auch nicht alle, aber doch zumindest einige der mir wichtigen „Handlungen am Text“ aufzählt.
Insgesamt glaube ich aber, dass jeder Mensch sich sein eigenes Methodenrepertoire zulegen sollte. Die Betonung liegt hier auf der Methode selbst; diese ist eine wiederholte Handlung. Der Vorteil einer Methode ist, dass man früher und schneller mit ihr abschätzen kann (wenn man sie hinreichend gut beherrscht, d. h. hinreichend gut geübt hat), was für einen selbst in einem Text hilfreich ist.
Bleibt noch zu sagen, dass zwei Sachen mir beim Lesen auch noch wichtig sind: die eine ist die Zusammenfassung, also das Komprimieren eines Textes auf wenige Kernaussagen, und das andere ist das Treibenlassen, also eine Art freier Assoziation, wobei ich nicht Wörter assoziiere (wie bei einer Mindmap oder beim Freewriting), sondern Fragmente, also schon irgendwie geordnete Textstücke.

04.09.2016

Spracherkennung und Bedeutungserkennung

Die neue Version von Dragon NaturallySpeaking zeigt sich jetzt doch deutlich besser: in der letzten Version, der Version 14, wurden kleine Wörter wie in, mit und nicht gerne verschluckt. Das passiert in der neuen Version nicht mehr. Zudem sind einige der Befehle, um Anwendungen zu steuern, jetzt äußerst zuverlässig. Es lohnt sich also schon, auf die neue Version umzusteigen.

Semantische Analyse

Nicht lohnt sich, und das wahrscheinlich noch auf lange Zeit, mein eigenes Programm zum Erkennen von semantischen Profilen zu benutzen. Nun gut, ich hatte auch nichts anderes erwartet. Immerhin werden die Sätze mittlerweile ganz ordentlich analysiert, und auch die Ausgliederung von Nebensätzen geschieht recht zuverlässig. Große Probleme macht die Satzinversion. Und auch die Unterscheidung zwischen Objekten und Adverbialen gelingt nur bedingt gut.
Und all das ist ja nur die Voraussetzung dafür, dass daraufhin eine semantische Analyse stattfindet. D. h., dass mein Programm für die semantische Analyse bisher noch gar keine semantische Analyse durchführt. Aber ich sitze ja auch erst seit anderthalb Wochen daran. Irgendwann soll dies mal so etwas wie Textprofile aus unterschiedlichen Blickwinkeln erstellen.
Was mir derzeit am meisten Probleme macht, ist der Algorithmus, mit dem Sätze am günstigsten aufgespaltet werden, und dann natürlich auch die dazugehörige Datenstruktur. Zudem müsste ich das ganze in eine Datenbank einpflegen oder mir mal anschauen, wie die Wörterbücher für Winword oder so aufgebaut sind: bisher habe ich alle Wörter, mitsamt ihren Wortarten und anderen spezifischen (grammatischen) Komponenten, nur in einer kleinen Textdatei gespeichert, was aber, wenn die Daten komplexer werden sollten (was voraussehbar ist), unhandlich wird.
Jedenfalls ist das bisher das längste Programm, was ich jemals geschrieben habe, mit fast tausend Zeilen Code, und es ist auch das langsamste. Um ein mäßig dickes Buch wie den ersten Band von Harry Potter zu analysieren, braucht es knappe vier Minuten. Und zwar nur mit der Reichweite, wie ich sie eben dargestellt habe. Die eigentlichen analytischen Funktionen habe ich noch gar nicht implementiert.

03.09.2016

Das ganze Nichts

Irgendwie strebt Slavoj Žižek mit seinem Buch Weniger als nichts nicht weniger als das Ganze an.
Das jedenfalls ist der ganze übrig gebliebene Rest von meinem Versuch, ein Buch im Kampfmodus zu lesen, von einem Philosophen, von dem ich keinerlei Ahnung habe.

Raus aus dem Elfenbeinturm

In letzter Zeit habe ich mich gelegentlich darüber geärgert, dass sich die Fachwissenschaftler so wenig darum zu kümmern scheinen, wenn ihr eigenes Fach in der öffentlichen Debatte verhunzt wird. Das hat mich schon damals, als Eva Herman mit ihrer „internationalen Bindungsforschung“ kam, ziemlich verwundert. Eva Herman zitiert zwar, soweit ich sie gelesen habe, weitestgehend richtig, aber sehr ausgewählt, und kommt dann zu weitreichenden Schlüssen, die die Forschung nicht mehr bestätigen kann.
Neulich habe ich mir das Parteiprogramm der AfD angesehen. Darin werden Thesen zur kulturellen Evolution angedeutet. Ich bin noch nicht dazu gekommen, dies aufzubereiten. Aber aus recht einfachen Gründen sind diese Thesen komplett falsch. Gerade in den letzten 15 Jahren gab es sowas wie eine Rückkehr evolutionärer Thesen in den Kulturwissenschaften. Aber ob man nun Niklas Luhmann, Gabriel Tarde, André Leroi-Gourhan oder Michael Bachtin nimmt: alle diese doch recht unterschiedlichen Wissenschaftler werden die Parteitagspunkte der AfD nicht bestätigen können.
Neulich (Lesekompetenz) hatte ich schon bemängelt, dass der gender-Begriff nicht genügend in der Öffentlichkeit besprochen worden ist. Es haben sich hier zu wenig all diejenigen Wissenschaftler zu Wort gemeldet, die diesen Begriff vertreten, und die ihn dann auch erklären können sollten. So aber hat sich tatsächlich der Eindruck aufgedrängt, als sei dieser Begriff aus dem Nichts heraus hervorgezaubert worden.
In dieselbe Richtung, wenn auch auf einem ganz anderen Gebiet, dem der Ökonomie, weist Monika Schnitzer, die Professoren für Wirtschaft an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität ist:
Immer mehr Menschen in Europa fühlen sich unbehaglich, ja benachteiligt. Wie besorgniserregend ist das?
Schnitzer: Das ist sehr besorgniserregend, zumal diese Menschen auch eine Aversion gegen Experten entwickelt haben und schwer für Argumente zugänglich sind. Wir müssen dennoch alles daransetzen, dass diese Menschen nicht von radikalen politischen Kräften erfolgreich umgarnt werden. Wir alle, ob Politiker, Ökonomen oder Journalisten, müssen uns mit den Sorgen dieser Menschen beschäftigen.
...
Also mehr Fakten-Checks wie in der ARD-Sendung „Hart aber fair“?
Schnitzer: Genau. Wir müssen mehr Aufklärung und Volksbildung betreiben, ein Thema, das unseren Verein für Socialpolitik derzeit besonders umtreibt. Wir wollen als Ökonomen die Hörsäle verlassen und in die Schulen gehen. Dort wollen wir mehr Verständnis für wirtschaftliche Themen wecken und Berührungsängste abbauen. Denn es ist klar: Wir brauchen mehr wirtschaftliche Bildung in den Schulen.
Bleibt zu sagen, dass wir nicht nur mehr wirtschaftliche Bildung in den Schulen brauchen, sondern in der Bevölkerung insgesamt. Und ebenso bräuchten wir mehr Verständnis dafür, was Kultur ist und wie sich Kultur verändert. Das wäre übrigens nicht so schwer zu vermitteln, weil Kinder leicht an sich selbst erfahren, dass sich der Blick auf Dinge ändert, dass neue Ideen dazukommen und alte verworfen werden, und dass das nicht nur Lernen ist, sondern ebenso kultureller Wandel.

02.09.2016

Dragon NaturallySpeaking 15

Das neue Dragon NaturallySpeaking ist da, die Version 15. Ist es besser? Nun, das erste, was mir auffällt, ist, dass es schneller ist. Außerdem, und das ist erst seit der letzten Version mit integriert, kann man seine Sprachdateien aus der alten Version übernehmen, sodass man nicht die ganzen Fachwörter neu eintrainieren muss. Auch das ist sehr angenehm. Die Erkennungsgenauigkeit ist mindestens genauso gut. Zurzeit empfinde ich sie sogar als besser (aber das kann daran liegen, dass mein Computer, nachdem ich ihn gestern aufgeräumt habe, wesentlich besser funktioniert).
Und ich selbst? Ich sitze über meinen Büchern. Alles also wie gehabt.